Glossar

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Kräuter-Segen, so oder so.

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Einst lebte eine Frau mit ihrer Tochter am Rande eines grossen Waldes. Da kam eine Zeit, da die Mutter krank wurde und sie und ihr Kind nichts mehr ausser trockenem Brot zu Hause hatten. Das Kind dachte sich nun, dass es gut wäre in den Wald zu gehen, um dort Beeren und Kräuter zu sammeln, damit es der Mutter wenigstens etwas Frisches, Gesundes zu essen geben könnte. So nahm es ein Körbchen und machte sich auf den Weg.

Überall fand es schöne Beeren und frische grüne Kräuter, die es fleissig in seinem Körbchen zusammentrug. Dabei merkte das gute Kind aber nicht, dass es schon sehr finster wurde, und es den Weg vor seinen Augen fast nicht mehr sehen konnte. Da begann es bitterlich vor lauter Angst zu weinen. Auf einmal hörte es vor sich etwas in den Blättern rascheln und beim genauen Hinschauen, erkannte es ein kleines Männlein, ganz in grüne Kleider gehüllt. "Hab keine Angst, Kind. Ich will dir nichts Böses. Sage mir nur, warum weinst du denn so bitterlich?" "Ach," sagte da das Mädchen, "ich habe den ganzen Tag Beeren und Kräuter für meine kranke Mutter gesammelt und nun habe ich mich verlaufen und finde nicht mehr nach Hause." "So beruhige dich doch," entgegente da das Männlein, " ich will dir den Weg aus dem Dunkel zeigen und dich bis an den Waldrand führen. Von da aus kannst du sicher den Heimweg finden."

Gesagt, getan. Das Männlein führte das Mädchen eine geraume Zeit und bald schon befanden sich beide am Rand des Waldes. Dort bückte sich der kleine Waldgeist und reichte dem glücklichen Kind ein paar Kräuterlein mit den Worten: "geh nach Hause und koche die Kräuter in heissem Wasser. Dann gib der Mutter den Kräutersud zu trinken und bald schon ist sie gesund."

Das Kind verabschiedete sich voller Freude und Dankbarkeit und machte sich eilig auf den Heimweg. Zu Haus angekommen, tat es wie ihm der Geist aufgetragen hatte, kochte die Kräuter im heissen Wasser und gab den Tee der Mutter zu trinken. Kaum hatte diese den Kräutertee ausgetrunken, erhob sie sich von ihrem Lager und war gesund und frisch.

Das aber hatte der Nachbarsbub mitbekommen und er dachte bei sich: "wenn ich das auch so mache, dann bekomme auch ich vom Waldgeist solche Kräuter geschenkt. Die verkaufe ich dann auf dem Markt und von dem Geld, das ich hierfür bekomme, kaufe ich mir Süssigkeiten." Und mit diesem Gedanken machte er sich am nächsten Tage mit einem Weidenkörbchen auf den Weg in den Wald.

Dort schlug er sich seinen Bauch mit frischen dicken Heidelbeeren voll, konnte gar nicht genug davon bekommen und vergass darüber vollkommen die Zeit. Bald war es duster geworden und nun erinnerte er sich an sein falsches Vorhaben. Sofort begann er laut zu jammern und zu klagen und erwartete voller Sehnsucht und Habgier das Erscheinen des Geistes. Der kam dann auch und fragte den Buben: "warum machst du solch einen Krach, dass einem ja die Ohren schmerzen?" Der Junge antwortete ihm: "ich habe Beeren und Kräuter gesammelt den ganzen Tag und nun habe ich mich verlaufen und finde nimmer heim." "Wenn´s weiter nichts ist, so will ich dir schon helfen. Folge mir nur nach, ich führe dich," empfahl ihm da der Waldgeist.

Der Bub lief nun hinter dem Männlein her, voll hämischer Gedanken. Aber das Geistlein führte den Buben jetzt stundenlang über Stock und Stein, kreuz und quer durch den dunklen Wald, bis dieser vor Erschöpfung kaum noch zu laufen vermochte. Da begann er nun wirklich bitterlich zu weinen und erkannte und bereute seine schlechte Gesinnung. In diesem Moment aber standen die beiden am Rand des Waldes. Froh wollte sich der Junge sogleich ohne Dank auf und davon machen, aber der Waldgeist hielt ihn mit den Worten zurück: "warte, ich will dir einige Kräuter mitgeben. Koche sie in heissem Wasser, trinke den Kräutertee und morgen wirst du all die Strapazen von heute vergessen haben und es wird dir wieder gut sein." Der Junge schnappte sich die Kräuter wiederum ohne Dank und machte sich auf den Heimweg.

Zu Hause angekommen kochte er sogleich den Kräutertee, trank davon und erwartete sofort dessen heilsame Wirkung. Aber, oh weh, kaum hatte er eine Tasse davon leergetrunken, begann es auch schon in seinem Bauche zu rummsen und zu rumoren. Ganz schlecht wurde ihm davon und er musste sich vor lauter Schmerzen wie ein Wurm krümmen und winden. Das dauerte einige Tage, aber während dieser Zeit erkannte der Bub seine falsche Gesinnung, bereute abermals und es wurde aus einem bösen Burschen ein guter Junge.

Während meiner Kindheit oft gelesen, nun frei nacherzählt.


 
 

Der Waldmeister - Heilbringende Kräuter. - Glossar (Druckansicht)